Vom Bierdeckel zur Plusenergiegemeinde

Die Gemeinde Wüstenrot im Landkreis Heilbronn hat sich bereits im Jahr 2007 – als Klimaschutz und kommunale Energieversorgung für die meisten noch kein Thema war – auf den Weg gemacht, Plusenergiegemeinde zu werden und den gesamten Energiebedarf aus lokalen Ressourcen zu gewinnen. Mittlerweile nimmt die Gemeinde eine Vorreiterrolle als europäische Energie- und Klimaschutzkommune ein. Grund genug für den grünen Ortsverband und einige Mitglieder des Klimarbeitskreises Lauda-Königshofen der Gemeinde einen Besuch abzustatten.

Thomas Löffelhardt, Energiebeauftragter der Gemeinde und treibende Kraft hinter den Klimaschutzanstrengungen Wüstenrots, empfing die Gästegruppe im Rathaussaal. „Wir befassen uns seit 2007 mit dem Thema“, stellte Löffelhardt, der den Auftrag dazu vom damaligen Bürgermeister bekam, eingangs heraus. „Alles fing mit einem Bierdeckel an, auf dem wir unsere Ziele formuliert haben. Daraus folgte ein Planungsleitfaden, der auf einer Bestandsanalyse und einem konkreten Konzept und Fahrplan fußt.

„Dieses Konzept haben wir dann dem Bürgermeister vorgestellt, der Gemeinderat bewilligte uns 150.000Euro zum Start des Projekts“, so Löffelhardt weiter.

Die konkrete Zielsetzung der Gemeinde lautete, bis 2020 Plusenergiegemeinde zu werden – also mehr erneuerbare Energie lokal zu erzeugen, als zu verbrauchen.

Dieses Ziel habe man zwar nicht erreicht, konstatierte Löffelhardt, doch wer sich kein Ziel setze, mache sich auch nicht auf den Weg.

Die Besuchergruppe aus dem mittleren Taubertal staunte nicht schlecht, als Löffelhardt die konkreten Maßnahmen, die in den vergangenen 15 Jahren auf den Weg gebracht wurden, benannte. Besonders beeindruckend war, wie Löffelhardt und sein Team stets alle Aspekte – von der Bürgerbeteiligung bis zur Praxistauglichkeit- mitdenken und in ihre Planungen einbeziehen.

Als erstes ging die Gemeinde 2009 die Erschließung eines Baugebiets, das mithilfe eines kalten Nahwärmenetzes versorgt werden sollte, an. Mit dieser Agrothermie genannten Technik können Gebäude mittels Wärmepumpe sowohl beheizt als auch gekühlt werden.

Weitere Projekte waren u.a. ein Wärmenetz mit dezentraler Solarwärme, ein Nahwärmenetz im Ortskern Wüstenrots, dem sich bis heute fast 100% der Hausbesitzer angeschlossen haben, der Umbau der Halle zur Plus-Energie-Mehrzweckhalle und die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED, die der Gemeinde 60% der Stromkosten spart.

Geplant sind aktuell der Neubau eines Kinderzentrums in ökologischer Bauweise und entsprechenden Plus-Energie-Standards sowie die Erschließung eines weiteren Baugebiets mittels eines kalten Nahwärmenetzes.

Auch im Bereich Elektromobilität sei die Gemeinde nicht untätig und arbeite an der Erstellung einer Ladeinfrastruktur, so Löffelhardt. Auch hier war es Löffelhardt und seinem Team wichtig, die Bevölkerung mit einzubeziehen und ihre Wünsche abzufragen. Für Löffelhardt ist es so z.B. unabdingbar, dass das geplante CarSharing in allen Stadtteilen angeboten wird.

Auch das Thema Wissensvermittlung und Erlebbarkeit liegt der Gemeinde am Herzen. So wurde ein Energie-Lehrpfad erstellt, auf dem Erneuerbare Energien und die Projekte der Gemeinde sowohl analog als auch digital erlebbar sind.

Abschließend bemerkte Löffelhardt, dem sehr wichtig ist, sein Wissen und seine Erfahrungen an nationale sowie auch internationale Besuchergruppen weiterzugeben, dass die Gemeinde in den vergangenen 10 Jahren 920.00 Euro ausgegeben, aber 2,5 Millionen Euro an Fördergeldern bekommen habe. „Aktuell gibt es in diesem Bereich so viele Fördermittel wie noch nie. Wer als Kommune jetzt nicht darauf zugreift, schneidet sich ins eigene Fleisch. In Zukunft werden diese mit Sicherheit nicht mehr so hoch sein, da sich einige Förderungen z.B. durch verpflichtende Regelungen erledigen.“

Foto: Der grüne Ortsverband Lauda-Königshofen sowie Mitglieder des Klimaarbeitskreises besuchten die europäische Energie- und Klimaschutzkommune Wüstenrot im Landkreis Heilbronn.

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